E-Fuels
Klimaschutz und EnergiewendeOhne E-Fuels geht es nicht
Die Nutzung von erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne zur Stromerzeugung hat global gesehen ein riesiges Potenzial. Die Herausforderung besteht darin, diesen Ökostrom dorthin zu transportieren, wo er benötigt wird. E-Fuels machen genau das möglich: Sie fungieren als Stromspeicher, sind leicht zu transportieren, haben eine hohe Energiedichte und können auf die hervorragende Infrastruktur der heutigen Erdölindustrie und -logistik zurückgreifen.
Deshalb wird an der Entwicklung von E-Fuels geforscht. Ein wesentliches Kriterium dabei ist, dass sie in heute verfügbarer Technik ohne aufwändige Umrüstungen einsetzbar sind. Das erhöht die Chance auf eine breite Akzeptanz der Energiewende: Klimaschutz wird möglich, ohne Versorgungswege und Anwendungstechnik kostenintensiv umbauen zu müssen, wie es bei einer weitgehend elektrischen Energieversorgung („All Electric Society“) der Fall wäre.
Inhaltsübersicht
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CO2 als Kohlenstoffquelle
Biomasse, Müll oder Algen als Kohlenstoffquelle
Erneuerbarer Strom als "Rohstoff" für die Elektrolyse
Wasser als "Rohstoff" für die Elektrolyse
E-Crude: Synthetischer Rohölersatz
E-Fuel: CO2-neutrale synthetische Brennstoffe
Wasserstoff (H2) und Kohlenstoff (C) sind die Hauptbestandteile flüssiger Energieträger
Videos
Christian von Olshausen, sunfire GmbH
Mit "All-electric" lässt sich nicht alles lösen.
Warum brauchen wir E-Fuels?
Prof. Dr. Regina Palkovits, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH) Aachen
Power-to-X ermöglicht die chemische Speicherung von Strom.
Wie können wir Strom aus erneuerbaren Energien speichern?
Fazit und Ausblick
Zukunft der flüssigen BrennstoffeQuo vadis Energiewende?
Heute tragen flüssige Kraft- und Brennstoffe heute zu mehr als einem Drittel zum deutschen Primärenergieverbrauch bei und sind damit die wichtigsten Energieträger. In bestimmten Sektoren wie etwa dem Flug- und Schiffsverkehr und als Vorprodukte in der Chemie sind flüssige Energieträger und Rohstoffe kaum zu ersetzen. Allein deshalb ist die Entwicklung von E-Fuels nötig.
Erneuerbar hergestellte flüssige Energieträger und Rohstoffe haben für die Energiewende signifikante Vorteile: Sie sind im Verkehrsbereich, dem Wärmemarkt und in der Chemiewirtschaft ohne teure Umrüstungen nutzbar. Herkömmliche Verbrennungsmotoren und Heizungen erhalten so eine langfristig klimafreundliche Perspektive.
CO2-neutrale flüssige Kraft- und Brennstoffe sind gut speicherbar, die Versorgung kann netzunabhängig erfolgen und sich der bereits bestehenden Transport- und Infrastrukturen bedienen.
Prof. Dr.-Ing. Jörg Sauer, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Es fehlt nicht an Ideen sondern an der Fokussierung. Zwischen PtL und BtL gibt es keinen Wettbewerb. Wir müssen endlich ensrt machen mit der Energiewende, da gehören flüssige Brennstoffe dazu.
Wie sehen Sie die Zukunft der Kraftstoff-Produktion?
Christian von Olshausen, sunfire GmbH
E-Crude steht in Konkurrenz zu Erdöl und wird auf absehbare Zeit teurer bleiben. Das ist aber nicht das eigentliche Problem.
Was behindert die Produktion von E-Fuels?
Wasserstoff
In den Tank damitStrom aus erneuerbaren Energien
Dass die erforderlichen Strommengen in Deutschland erzeugt werden können, erscheint aus heutiger Sicht mehr als unwahrscheinlich. Das ist aber auch nicht nötig, denn nationale Energieautarkie sollte nicht das vorherrschende Ziel sein. Schließlich sind Klimaschutz und Energiewende keine rein deutschen Themen. Energie wird auch zukünftig importiert werden müssen.
Vielversprechender ist eine globale Perspektive: Bau und Betrieb von Stromerzeugungskapazitäten sollte an Standorten erfolgen, die von Wind und Sonne begünstigt sind. Dank der Wasserstoff-Elektrolyse kann der Strom dann vor Ort "verflüssigt" und zu E-Fuels verarbeitet werden oder zu weiter entfernten Produktionsstandorten transportiert werden. Denn Moleküle lassen sich einfacher transportieren als Elektronen.
Christian von Olshausen, sunfire GmbH
Erneuerbarer Strom muss dort erzeugt werden, wo Wind, Sonne und Wasserkraft im Überfluss vorhanden sind.
Woher kommt der erneuerbare Strom?
Geschlossener CO2-Kreislauf
Statt DekarbonisierungGeschlossener Kohlenstoffkreislauf
Die pflanzliche Photosynthese ist der natürliche Weg eines geschlossenen Kohlenstoffkreislaufs. In Biomass-to-Liquid-Verfahren (BtL/PBtL) lassen sich aus einer Vielzahl von biogenen Roh- und Reststoffen wie zum Beispiel Algen, Restholz oder Stroh flüssige Brennstoffe mit einem Treibhausgas-Minderungspotenzial von bis zu 90 Prozent gegenüber einem mineralölstämmigen Kraftstoff herstellen.
Der Kohlenstoffkreislauf lässt sich aber auch künstlich verkürzen: Beim Power-to-Liquid-Verfahren (PtL) kann Kohlendioxid direkt aus Industrieabgasen oder auch der Luft als Kohlenstoffquelle genutzt werden. Auch Müll kann als Kohlenstofflieferant im Waste-to-Liquid-Verfahren (WtL) dienen. Der benötigte Wasserstoff wird durch Elektrolyse mithilfe von Strom erzeugt – und dessen Herkunft ist entscheidend für die Treibhausgasbilanz des PtL-Produkts: Denn nur grüner Strom aus erneuerbaren Quellen nützt der angestrebten Treibhausgasreduktion.
Prof. Dr. Sven Kureti, Technische Universität Bergakademie Freiberg
Die Alge nimmt im Wachstum so viel CO2 auf, wie sie bei der Verbrennung als Kraftstoff wieder abgibt.
Wieso sind zum Beispiel Algenkraftstoffe CO2-neutral?
Kohlenstoffquelle Biomasse
Biomass-to-Liquid (BtL)Biomasse als Kohlenstoffquelle
Gemeint sind nicht-essbare Pflanzenteile, etwa Stroh oder Altholz, Altfette und andere biogene Reststoffe. Zusätzlich kommt sogenannte Anbaubiomasse in Frage – aber in Form von speziell gezüchteten Algen, die auf für Nahrungs- und Futtermittelanbau ungeeigneten Flächen kultiviert werden können. Eine Nutzungskonkurrenz zu Nahrungsmitteln oder Anbauflächen ist damit ausgeschlossen und eine neue „Tank-Teller“-Diskussion wie vor einigen Jahren im Zuge der Biokraftstoffquote kommt gar nicht erst auf.
Zusammengefasst wird dieser Entwicklungspfad unter dem Begriff Biomass-to-Liquid (BtL). Die aus Biomasse gewonnen Kohlenstoffe werden dann im PBtL-Verfahren (also Power-Biomass-to-Liquid) zusammen mit „grünem“ Wasserstoff zu einem synthetischen Brennstoff verarbeitet.
Um an den Kohlenstoff in der Biomasse heran zu kommen ist zunächst ein chemisches Verfahren nötig. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, hier zwei Beispiele:
Verflüssigung durch Pyrolyse
Als Pyrolyse wird die thermochemische Zersetzung von organischen Verbindungen unter Luftabschluss bezeichnet. Bei der Schnell-Pyrolyse beispielsweise wird organisches Material wie Holz oder Stroh unter Ausschluss von Sauerstoff innerhalb von wenigen Sekunden auf etwa 500 °C erhitzt. Dabei entsteht Pyrolyseöl, das dann weiter verarbeitet werden kann.
Vergasung
Mithilfe von Wasserdampf kann Biomasse durch Verschwelung in ein Produkt- oder Brenngas umgewandelt werden. Es eignet sich als Synthesegas für die Herstellung von Kraftstoffen.
David Diarra, OWI Oel-Waerme-Institut gGmbH
Biobrennstoffe müssen vor allem CO2-Einsparung ermöglichen.
Welche Anforderungen müssen Bio-Brenn- und Kraftstoffe erfüllen?
Prof. Dr.-Ing. Jörg Sauer, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
In der Anlage am KIT soll aus Biomasse wie Weizenstroh oder Restholz ein vergasungsfähiger, transportabler Brennstoff hergestellt werden.
Wie wird aus Biomasse-Reststoffen ein flüssiger Kraftstoff?
Prof. Dr. Sven Kureti, Technische Universität Bergakademie Freiberg
Algen als Brenn- und Kraftstoffkomponente senken den CO2-Ausstoß und eignen sich in vielfältiger Weise.
Welche Vorteile bieten Algen als Rohstoff für E-Fuels?
Kohlenstoffquelle CO2
Verfahren Power-to-Liquid
Power-to-Liquid Vom Wasserstoff und Kohlenstoff zum Sprit
Und das passiert: Strom aus erneuerbaren Quellen wie Sonne oder Wind wird für das technische Verfahren der Elektrolyse eingesetzt. Dabei wird Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten.
Der so gewonnene Wasserstoff wird in weiteren Prozessen chemisch an Kohlenstoff, der aus CO2 gewonnen wird, gebunden. Stammt der Kohlenstoff aus Biomasse ist auch von PBtL (Power-Biomass-to-Liquid) die Rede. Die neue Verbindung führt zu einem synthetischen flüssigen Energieträger, der perspektivisch heutige fossile Kraft- und Brennstoffe ersetzen kann.
Chemische VerfahrenAus zwei mach eins
Dazu eignen sich verschiedene Verfahren, beispielsweise Hydrierung oder die Fischer-Tropsch-Synthese.
Hydrierung ist ein Verfahren zur Addition von Wasserstoff an andere chemische Elemente oder Verbindungen. Mit mehrstufigen Hydrierungsverfahren kann beispielsweise Pyrolyseöl aus Biomasse, das nicht ohne weiteres als Heizölersatz nutzbar ist, zu einem Brennstoff weiterverarbeitet werden, der ähnliche Eigenschaften wie Heizöl aufweist.
Die Fischer-Tropsch-Synthese ermöglicht die direkte Synthese langkettiger Kohlenwasserstoffe aus den Gasen Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Es ist eine hochentwickelte Technologie, die seit Jahrzehnten großtechnisch im Einsatz ist und dabei kontinuierlich weiterentwickelt wurde.
Christian von Olshausen, sunfire GmbH
In drei Schritten zu Kraftstoff aus CO2 und Wasser.
Wie macht man synthetisches Erdöl?
Dr.-Ing. Tim Böltken, INERATEC GmbH
Regenerativ erzeugter Wasserstoff und CO2 werden in flüssigen synthetischen Kraftstoff umgewandelt.
Mit welchem Verfahren stellen Sie den synthetischen flüssigen Kraftstoff her?
E-Crude
E-CrudesRohölersatz
Die Wortschöpfungen weisen bereits daraufhin, dass der Rohstoff aus nicht fossilen Quellen stammt und dass es sich um ein Rohprodukt handelt, das für den Einsatz als Brenn- oder Kraftstoff in der Raffinerie weiterverarbeitet werden muss.
Christian von Olshausen, sunfire GmbH
Anstatt die komplexen Raffinierieprodukte wie Benzin oder Heizöl zu ersetzen, ist es einfacher, das Rohöl zu ersetzen.
Wieso konzentrieren Sie sich darauf, Rohöl zu ersetzen?
Prof. Dr. Sven Kureti, Technische Universität Bergakademie Freiberg
Die Alge wird durch Druck in Rohöl umgewandelt, das dann weiter hydriert und verarbeitet wird.
Wie lässt sich aus Algen Rohöl gewinnen?
E-Fuel
E-FuelsSprit-Ersatz aus erneuerbaren Energien
Die Mischung macht's
Konventionelle Brenn- und Kraftstoffe wie zum Beispiel Heizöl oder Benzin sind gemischte Mineralölprodukte und werden daher auch als Blends bezeichnet. Diese Produkte werden aus verschiedenen Komponenten zusammengemischt, um normgerechte Produktqualitäten herzustellen.
Auch synthetisch erzeugte flüssige Energieträger werden aus verschiedenen Komponenten von Kohlenwasserstoff-Molekülen bestehen. Diese werden so ausgewählt und zusammengemischt, dass die Blends in ihrer Anwendung und Verbrennung im Idealfall optimierte Eigenschaften erfüllen. Vergleichbar mit Bordeaux-Weinen, die auch aus verschiedenen Rebsorten bestehen.
Somit besteht die Möglichkeit, dass E-Fuels nicht nur treibhausgasneutral einsetzbar sind, sondern mit bestimmten Komponenten zum Beispiel deutlich verbesserte Emissionseigenschaften eingestellt werden können. Man spricht daher auch von Designerbrennstoffen.
Prof. Dr.-Ing. Jörg Sauer, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Wir wollen alternative Kraftstoffe für die Mobilität entwickeln, die konventionelle Kraftstoffe ersetzen können
Welches Ziel verfolgen Sie?
Prof. Dr. Regina Palkovits, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Wir machen Treibstoffe, die Rohöl ersetzen können - und im besten Fall noch bessere Eigenschaften haben.
Welche Vorteile bringt Ihre Forschung für alternative Kraftstoffe?
Dr.-Ing. Tim Böltken, INERATEC GmbH
Synthetische Kraftstoffe verbrennen sauber und rußarm und sind deshalb heiß begehrt. Und sie eignen sich auch als "Drop-In"-Produkt.
Warum spricht man auch von Hochleistungs-Kraftstoffen?
David Diarra, OWI Oel-Waerme-Institut gGmbH
Beimischquoten von 50 Prozent sind möglich - künftig soll hydriertes Bioöl auch in Reinform einsetzbar sein.